Kafkas Zeiten

Online-Tagung in Kooperation mit der Deutschen Kafka-Gesellschaft, unterstützt von der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn

In den Texten Franz Kafkas ist die Zeit regelmäßig aus den Fugen. Immer wieder verpassen die Figuren den richtigen Augenblick, Geschehen und Handlung werden ins Absolute beschleunigt oder verlangsamt, Briefe treffen zur Unzeit oder überhaupt nicht ein, auf die Medien der Zeitmessung ist kein Verlass, dunkel bleibende Vorgeschichten wirken sich drückend auf die Gegenwart aus. Zeitliche Konzepte wie die Widerkehr, die variierende Wiederholung, die Aufschiebung, das Zurückbleiben oder Überholtwerden und das Sich-Verpassen sind prägend für Kafkas Literatur, zudem organisieren temporale Oppositionen wie die zwischen dem Einmaligen und dem Endlosen, dem Singulativen und Iterativen, dem Warten und dem plötzlichen Umschwung die narrative Struktur der Texte. Die Tagung will den temporalen (Un-)Ordnungen in Kafkas Texten aus drei Perspektiven nachgehen. Erstens ist ein kulturwissenschaftlicher Zugriff zu nennen, der Kafkas Texte in Bezug auf ihre historischen Kontexte und die hier verorteten Zeittheorien in den Blick nimmt. Zweitens bietet sich ein medientheoretischer Zugriff an, denn in Kafkas Werk, das zeigen u.a. seine Briefe an Felice Bauer und Milena Jesenská (etwa der berühmte Gespenster-Brief), sind es nicht zuletzt die medialen Formen der Kommunikation, die dem immer wieder ausgetragenen Kampf zwischen temporaler Synchronisierung und Desychronisierung zugrunde liegen. Drittens bedarf es eines narratologischen Zugriffs, der sich etwa den Relationen von Erzählzeit und erzählter Zeit, von singulativem und iterativem Erzählen widmet.

Infobox

Donnerstag, 30. September 2021
ab 13:30 Uhr
via ZOOM

Freitag, 1. Oktober 2021
ab 10 Uhr
via ZOOM

bis Samstag, 2. Oktober 2021
ab 9:30 Uhr
via ZOOM

Organisation
Dr. Alexander Kling und Prof. Dr. Johannes Lehmann

Ablauf/Programm

13:30 AGNES BIDMON (Erlangen, Präsidentin der Deutschen Kafka-Gesellschaft): Grußwort; ALEXANDER KLING, JOHANNES LEHMANN (Bonn): Einführung zu Kafkas Zeiten

14:00 ALEXANDER HONOLD (Basel): Zeitschwellen/Schwellenzeiten. Chronische Liminalität bei Kafka

14:50 ISOLDE SCHIFFERMÜLLER (Verona): Ein Traum. Kafkas Zeiten im Proceß

15:40 Kaffeepause

16:10 KYUNG-HO CHA (Bayreuth/Greifswald): Physikalische und philosophische Perspektiven auf die Zeit in Eine alltägliche Verwirrung

17:00 MARTIN BARTELMUS (Düsseldorf): Kafkas Aperturen. Was literarische Anfänge mit der Relativitätstheorie zu tun haben

19:30 Gemeinsames Abendessen

10:00 ANTONIA EDER (Karlsruhe): Der Mythos und seine Zeit. Kafkas Mythosvariationen (Prometheus, Das Schweigen der Sirenen)

10:50 ARMIN SCHÄFER (Bochum): Aspekt und Zeitlichkeit im Gracchus-Komplex

11:40 Kaffeepause

12:00 SARAH STOLL (München): Engste Bühne. Zerstörte Gegenwart. Der Gruft-Wächter – ein episches Drama

12:50 DIRK OSCHMANN (Leipzig): „Sturz durch die Jahrtausende“. Zum Problem der Überlieferung in Kafkas Beim Bau der Chinesischen Mauer

13:40 Mittagspause

15:00 SYAMALA ROBERTS (Cambridge): Kafka beim Zeitverschwenden. Zur Kafkaschen Hörpoetik

15:50 ROLF GOEBEL (Huntsville): Zeit und Klang. Kafkas auditive Atmosphären (digital)

16:40 Kaffeepause

17:10 MICHAEL NIEHAUS (Hagen): „Letzthin“. Über ein zeitliches Scharnier in einigen Texten Franz Kafkas

18:00 ANATOL HELLER (Berlin): Zerdehnte Zeit. Langeweile und Messianismus in späten Texten Kafkas

20:00 Gemeinsames Abendessen

9:30 ANNE FUCHS (Dublin): Posthumane Figurationen der Beschleunigung in Kafkas Betrachtung

10:20 LEA LIESE (Basel): Philiströses Zeitempfinden und Raubtier-Kapitalismus: Kafkas Arbeits-Tiere

11:10 Kaffeepause

11:30 DAVID FUCHS (Luxemburg): Hungerkunst als Zeitkunst. Zur ästhetischen Eigenzeitlichkeit der Hungerkünstler-Erzählung Franz Kafkas

12:20 Abschlussdiskussion

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